Krystian Sobczyk
31.05.2024
324
Krystian Sobczyk
31.05.2024
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Die Freiberuflichkeit ist seit einigen Jahren auf dem Vormarsch. So sehr, dass es die Art der Arbeit selbst revolutioniert. Doch wie so oft bei der Sprache des einundzwanzigsten Jahrhunderts hat sich diese neue Praxis als Anglizismus herauskristallisiert. Das Ergebnis ist ein interessantes Paradoxon: Jeder weiß, was ein Freelancer ist, aber niemand weiß wirklich, was ein Freiberufler ist. Nicht umsonst ist der Begriff polysemer als je zuvor. Was sind seine Ursprünge? Was ist seine Geschichte? Machen wir eine kleine Reise, um ihn vollständig zu verstehen.
Viele Wörter sind brillant im Umgang mit ihren Mehrfachbedeutungen. Aber Vorsicht: Eine genealogische Reise durch die Geschichte eines Begriffs ist oft eine reichhaltige Quelle von Informationen. Wir müssen also die Geschichte eines Wortes zurückverfolgen, um zu sehen, was es uns lehren kann, und unserer natürlichen Neugierde freien Lauf lassen. Der Ausdruck "Freiberufler" stammt aus dem Mittelalter. Er bezog sich auf "franc-tiers", Soldaten, die dem König ihre Dienste gegen Bezahlung anboten.
Sie stammten oft aus Armeen, die in früheren Schlachten besiegt worden waren, und konnten daher ihre Dienste jedem anbieten, den sie wollten. Diese Soldaten sind besser bekannt als Condottiers. Einer der berühmtesten von ihnen war Wallenstein. Dieser tapfere Anführer eines Heeres von über 120 000 Mann bot Kaiser Ferdinand II. von Österreich seine Dienste an. Die ersten Bezeichnungen erinnern jedoch an dasselbe: Söldner, die durch ihre Waffe, den Speer, gekennzeichnet sind.
Der Begriff "Freiberufler" hat zwei Ursprünge: einen deutschen und einen französischen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der Begriff in zwei Teile aufgeteilt: frei und Lanze. Der erste Teil, "frei", bedeutet im Deutschen "lieben", und der zweite Teil, "lance", bedeutet im Französischen "etwas mit einer bestimmten Kraft werfen". Die Kombination dieser beiden Begriffe gibt Anlass zu verschiedenen Interpretationen: Einige assoziieren den Begriff frei mit dem Konzept der Freiheit, andere mit dem Konzept des Glücks. Um 1920 wurde das Leerzeichen dann durch den Bindestrich "freiberuflich" ersetzt.
In den 1970er Jahren tauchte schließlich das Wort "Freiberufler" auf. Seitdem hat es sich vom Militär in die Geschäftswelt verlagert. Es kann als Substantiv, Verb oder Adjektiv verwendet werden. Im Laufe der Geschichte wurde der Begriff "Freiberufler" verwendet, um alle Arten von unabhängigen, ungebundenen Personen zu beschreiben, von Politikern über Journalisten bis hin zum Militär. Auf den ersten Blick scheint dies mit unserer modernen Auffassung von Freiberuflichkeit übereinzustimmen.
Der Begriff Freiberuflichkeit wurde in den Vereinigten Staaten von Jack Nilles und Frank Schiff geprägt. Nilles bezeichnete sie damals als "Telekommunikation". In den 1970er Jahren waren die öffentlichen Verkehrsmittel in den Städten noch unterentwickelt. Dies bedeutete, dass Menschen, die auf dem Land lebten, nicht in der Stadt arbeiten konnten. Dank der Erfindung des Telefons im Jahr 1876, das bereits in amerikanischen Büros verfügbar war, änderte sich dies. Von diesem Zeitpunkt an dachte Neills darüber nach, das Telefon als Lösung für die Transportprobleme zu nutzen. So wurde das Konzept der Heimarbeit per Telefon geboren.
Dank der Entwicklung des Internets in den späten 1960er Jahren konnten diese Arbeitnehmer miteinander in Verbindung treten, um bestimmte Aufgaben zu erledigen. Doch erst der Artikel "Working from home saves petrol" von Frank Schiff, dem damaligen Vorsitzenden des Ausschusses für wirtschaftliche Entwicklung, gab der freiberuflichen Tätigkeit in den Vereinigten Staaten einen echten Schub. Darin beschreibt er alle Vorteile der Telearbeit. Und das ist noch nicht alles: Gil Gordon, ein Experte für Personalbeschaffung, trägt dazu bei, das Wachstum der Telearbeit anzukurbeln, indem er die Freiberuflichkeit in einer Reihe von Regierungsbehörden einführt.
Die Internet-Revolution und die zunehmende Nutzung des Internets führten zur Entstehung der Freiberuflichkeit, wie wir sie heute kennen. Seit der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts ist die Zahl der Freiberufler mit dem Aufkommen neuer Berufe stetig gewachsen. Die meisten ihrer Tätigkeiten beruhen auf geistigen Dienstleistungen. Diese Kategorie von Arbeitnehmern ist nach wie vor nur unzureichend definiert: Sie gehören keinem Beruf, geschweige denn einer Branche an, sondern haben denselben Status - Selbstständige.
Dann kam die Krise von 2008. Und diese prekär Beschäftigten waren die Hauptleidtragenden: Ihre Einkommen sanken drastisch. Sie hatten keine andere Wahl, als sich einem Markt mit wenig oder gar keinem Sozialschutz zu stellen und mit der Aussicht auf eine Rente am Rande der Armut oder ganz ohne zu rechnen. Diese Schwierigkeiten führten erstmals zu einer beispiellosen sozialen Bewegung: Freiberufler aus allen Gesellschaftsschichten schlossen sich zusammen, um kollektiv ihre Rechte zu verteidigen und insbesondere die vollständige Integration in die Arbeitswelt zu fordern.
Heutzutage hat fast jeder Zugang zum Internet. Dadurch ist es für Freiberufler sehr einfach geworden, mit Kunden zu kommunizieren. Mit der wachsenden Zahl der Freiberufler haben sich auch die Plattformen für die freiberufliche Arbeit weiterentwickelt. Infolgedessen ist der Wettbewerb auf dem Markt härter denn je geworden. Freiberufler können sich auf verschiedenen Plattformen umsehen, und Kunden können nach Plattformen mit den niedrigsten Tarifen suchen.
In der Vergangenheit waren die Werkzeuge der Freiberufler Pferde und Gewehre. Heute sind es Laptops und Smartphones voller Daten und mit Internetzugang. Die Demokratisierung dieses neuen Freiberufler-Status hat die Karten neu gemischt in einer Arbeitswelt, die heute zu archaisch ist. Viele Angestellte werden Freiberufler wegen der vielen Vorteile: völlige Autonomie bei der Organisation ihrer Arbeit, die Möglichkeit regelmäßiger Einkommenszuwächse, keine hierarchischen Einschränkungen und so weiter.
Die Aussichten auf Veränderungen in der Arbeitswelt sind vielfältig. Laut einer Studie des internationalen Netzwerks und Think Tanks RGCS mit dem Titel "The Future of Work in 2030: Four atmospheres" gibt es vier Zukunftsvisionen der Arbeitswelt. Eine davon ist die Hypothese der hyperentwickelten Freiberuflichkeit.
In der heutigen Welt gibt es eine Vielzahl von Paradoxien, die bei diesen Zukunftsprojektionen eine entscheidende Rolle spielen: eine Vielzahl wirtschaftspolitischer Maßnahmen angesichts von Qualifikationswachstum und konstanter Massenarbeitslosigkeit, Mobilität und Telearbeit angesichts eines sitzenden Lebensstils, Flexibilität und Autonomie angesichts von Prekarität, Freiheit angesichts von Sicherheit, Autonomie angesichts von Kontrolle, Digitalisierung angesichts von Körperlichkeit und so weiter.